Dienstag, 21. Dezember 2010

Ein poetischer Augenblick

Es gibt sie, diese Zufälle, die aus einer alltäglichen Situation einen poetischen Augenblick entstehen lassen. So geschehen Mitte Dezember, am Tag des grossen Schneefalls im Grossraum Zürich. Der Zug fuhr zwar mit Verspätung, aber doch zuverlässig nach Rapperswil. Mit dem Finger am Auslöser der Canon S95 war der Blick in die Landschaft bewusster und irgendwie intensiver. Entlang des Rebbergs faszinierte besonders die Absenz der Farben. Also knipste ich. Danach suchte ich den Text zum Bild. Herausgekommen sind zwei Gedankensplitter:

Nur ein Schatten
Flocken und Tropfen. Kälte und Nässe. Gräulich statt farbig. Ein Schattenmann steht neben dem Bahngleis. Warum spaziert er durch diese Tristesse? Ist er zum Vergnügen dort draussen? Oder ist das sein verfluchter Arbeitsweg? Der Zugwind schüttelt ihn erbarmungslos durch. Nur der Regenschirm bietet etwas Schutz. Der Schnee knirscht. Die Tropfen trommeln. Es ist Vorweihnachtszeit.

Den Moment geniessen
Es schneit und schneit und schneit. Die Erde zieht ihr Sonntagskleid an. Darunter versteckt sich alles: Strassen, Häuser, ganze Rebberge. Wie anders alles aussieht! Jetzt hinaus, den Moment geniessen, die Elemente spüren, den Schnee unter den Füssen, die Flocken im Gesicht. Ein Zug braust vorbei und erinnert für einen kurzen Augenblick an den Alltag.

Freitag, 3. Dezember 2010

WM-Wahlen und andere Fehlleistungen (mit einer Ausnahme)

Die Berichterstattung über die Vergabe der Fussballweltmeisterschaften 2018 und 2022 glich zeitweise einem Sonderprogramm aus Absurdistan. Mehrere Sendungen des Schweizer Fernsehens (und unzählige Schweizer Onlinegefässe) zelebrierten beispielsweise einen «Publicity-Stunt» von David Beckham*, der in Oerlikon eine Turnstunde mit seiner Anwesenheit «pimpte». Informationswert? Null! Herzige Story? Na, ja, gerade noch...

Oder sie zeigten den sehr ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton beim Spaziergang durch Zürich. Nachrichtengehalt? Doppelnull! Als Story sogar Unternull, weil absolut inhaltsleer!

Den Vogel schossen aber die Mitglieder des Exekutivrats der FIFA mit ihrer Wahl von Katar als Gastgeber der WM 2022 ab. Ein Land, das kleiner als der Kanton Zürich ist, wirft 3 Mrd. Dollar auf und knallt dafür mal schnell 12 Fussballstadien hin, nur um sie danach an Entwicklungsländer zu verschenken...

Was die wohl damit anfangen? Sicher keine Fussball-Tradition. Auf der Maslow'schen Bedürfnispyramide jedenfalls kommt der Sport sicher nach den körperlichen Existenzbedürfnissen und der Sicherheit (ausser natürlich der Potentat eines solchen Landes hält sich zum Pläsierchen ein paar Fussball-Tierchen, damit er auch mal FIFA-Exekutivmitglied wird).

Trotzdem gibt es  Grund zur Freude: "Alle Stadien, Trainingsstätten und Fanzonen werden auf 27 Grad Celsius klimatisiert sein", sagte Hassan Al-Thawadi, der Chef der WM-Bewerbung Katars. Wenigstens ein weiser Entscheid in dieser himmelschreienden Posse!

* Eine unerwartete Frage an ebendiesen David Beckham verhalf einer Radio 24 Praktikantin zu den ihr zustehenden 15 Minuten Ruhm. Das ist eine schöne Fussnote, finde ich.