Donnerstag, 1. Dezember 2011

Alles ist nichts ohne Inhalt

«Wie zeigen wir unseren Kolleginnen und Kollegen die Bedeutung des guten Inhalts auf?» Diese Frage beschäftigte uns schon vor 11 Jahren. An einer internen Veranstaltung der UBS wollten wir die Qualität der Inhalte auf der Website fördern. Zunutze machten wir uns die süsseste Versuchung, die Zürich zu bieten hat: die Luxemburgerli.
Wir besorgten uns einige Schachteln gefüllt mit den feinsten dieser Makrönchen, entfernten sie aus der Verpackung und steckten sie in gewöhnliche Böxli. Dann mischten wir uns unter die Gäste und boten ihnen schlichte Böxli oder Sprüngli-Schachteln an. Alle schnappten sich sofort die Schachteln – und konnten ihre Enttäuschung nicht verbergen: der Inhalt fehlte! Wo waren die Luxemburgerli?
Ohne den Inhalt ist alles nichts. Schlimmer noch: ohne den richtigen Inhalt ist selbst die schönste Hülle nur eine Mogelpackung. Der Fokus sollte – diese Botschaft kam klar und deutlich an – auf dem Inhalt sein. Die Form unterstützt den Inhalt, aber sie ersetzt ihn nie.
Der Inhalt hingegen findet seinen Weg zum Kunden ungeachtet der Verpackung. Denn es sprach sich schnell herum, man müsse unbedingt das gewöhnliche Böxli annehmen und nicht auf der Sprüngli-Schachtel bestehen...

Donnerstag, 27. Januar 2011

Storytelling bewegt auch am WEF

Es ist Ende Januar, Zeit für das jährliche Gipfel-WEFfen in Davos. Reihum wird über den Wert dieses Stelldicheins der globalen Elite diskutiert. Die Verschwendung von Geld, Zeit und Energie wird dabei ebenso angeprangert wie der Schutz der Veranstaltungsteilnehmer. Das Bild der «Festung Davos» wird von den Medien nur zu gerne bedient und von der versammelten Online-Gemeinde meist hämisch kommentiert.

Über die mittlerweile sehr gut zugänglichen Inhalte des offiziellen Programms am World Economic Forum wird hingegen nicht debattiert. Das ist unbegreiflich. Denn alleine schon die Eröffnungsdiskussion bot ein wahres Feuerwerk an Denkanstössen. Beispielsweise würde es sich lohnen, über die Herausforderungen eines global einheitlichen Wirtschaftskurses angesichts regional sehr unterschiedlicher Demografien zu diskutieren. Oder über die Folgen nachzudenken, wenn die Alterserwartung in China dank des neuen Wohlstands dramatisch ansteigt, das Land aber keine (in der Schweiz längst etablierte) Alters- und Hinterbliebenenversicherung AHV einrichtet – oder einrichten will / kann.

Einfach zu verfolgen war die Diskussion allerdings nicht, weil sich die Teilnehmer fast ausschliesslich auf der abstrakten Ebene der Statistiken und Prognosen bewegten. Eine erfrischende Ausnahme bildete da Azim Premji, der Präsident des indischen IT-Konzerns Wipro. Er beantwortete die Frage, ob die Entwicklungsländer nicht genug hätten vom belehrenden Westen, der selbst mit riesigen Problemen zu kämpfen habe, mit einer Geschichte:

Ford wollte gemäss Premji einen Mittelklassewagen in Indien einführen, der die aufstrebende Mittelschicht ansprechen sollte. Um den Preis marktgerecht zu gestalten, musste Ford dazu gewisse in den USA serienmässig vorhandene Funktionen entfernen. Unter anderem bauten sie dazu die elektrischen Fensterheber für die hinteren Seitenfenster aus – und machten dadurch das Auto zu einem Flop. Denn wer in Indien zur Mittelschicht gehört, stellt einen Fahrer an und setzt sich selbst auf den Rücksitz. Die elektrischen Fensterheber hätten daher hinten belassen und vorne entfernt werden müssen…

Premji bediente sich damit des Storytelling, um die kulturelle Ignoranz und geschäftliche Arroganz des Westens zu illustrieren. Das gefällt!

Dienstag, 18. Januar 2011

Spektakulärer Perspektivenwechsel

Über einen Eishockeymatch kann man so oder so berichten. Die Mehrheit der interessierten Bevölkerung nahm das Spiel HC Davos gegen SC Bern wahrscheinlich so zur Kenntnis:
Der HC Davos prügelt den SCB 6:2 aus der Halle! Der blendend aufgelegte HCD sorgt noch vor Spielhälfte mit vier Toren innerhalb von 5:40 Minuten zum 5:1 für die Vorentscheidung; das 2:1 von Peter Guggisberg und das 3:1 von Petr Sykora, der bereits das 1:0 (9.) erzielt, fallen in der 24. Minute innerhalb von 12 Sekunden. – Blick
Fast 6'000 Zuschauer verfolgten das Spiel am Sonntag, 16. Januar 2011 in der Vaillant-Arena in Davos. Die Supporter des HCD verfielen ob der Dominanz des Heimteams teilweise in einen euphorischen Torjubel.

Aber nur 20 Zuschauer erlebten das Spiel wirklich mit. Sie hatten Sitzplätze direkt an der Bande, nur eine Plexiglasscheibe weg vom knallharten Geschehen. Hier geht die Übersicht verloren, die man von den oberen Rängen aus geniesst. Dafür gewinnt man an Intensität – und wie! Ein Puck, der via Bande gespielt wird, mutiert vom kleinen schwarzen Spielgerät zu einem bedrohlichen Geschoss. Ein Bodycheck an der Bande ist nicht mehr ein rein visuelles Ereignis, sondern ein sinnbetäubendes Erdbeben: die Plexiglasscheiben schwanken hin und her, die Spielerkörper prallen an die Bande, es tönt, wie wenn ein Sandsack aus dem Lastwagen gekippt wird, der Hockeystock peitscht ans Plexiglas, der Schreck fährt einem in die Glieder, die Orientierung geht völlig verloren. Sekunden später hat sich das Spielgeschehen schon weit weg verlagert und die Sicht ist wieder frei auf Sportler, die plötzlich an Gladiatoren erinnern.

Was ein Perspektivenwechsel alles bewirken kann...