Donnerstag, 27. Januar 2011

Storytelling bewegt auch am WEF

Es ist Ende Januar, Zeit für das jährliche Gipfel-WEFfen in Davos. Reihum wird über den Wert dieses Stelldicheins der globalen Elite diskutiert. Die Verschwendung von Geld, Zeit und Energie wird dabei ebenso angeprangert wie der Schutz der Veranstaltungsteilnehmer. Das Bild der «Festung Davos» wird von den Medien nur zu gerne bedient und von der versammelten Online-Gemeinde meist hämisch kommentiert.

Über die mittlerweile sehr gut zugänglichen Inhalte des offiziellen Programms am World Economic Forum wird hingegen nicht debattiert. Das ist unbegreiflich. Denn alleine schon die Eröffnungsdiskussion bot ein wahres Feuerwerk an Denkanstössen. Beispielsweise würde es sich lohnen, über die Herausforderungen eines global einheitlichen Wirtschaftskurses angesichts regional sehr unterschiedlicher Demografien zu diskutieren. Oder über die Folgen nachzudenken, wenn die Alterserwartung in China dank des neuen Wohlstands dramatisch ansteigt, das Land aber keine (in der Schweiz längst etablierte) Alters- und Hinterbliebenenversicherung AHV einrichtet – oder einrichten will / kann.

Einfach zu verfolgen war die Diskussion allerdings nicht, weil sich die Teilnehmer fast ausschliesslich auf der abstrakten Ebene der Statistiken und Prognosen bewegten. Eine erfrischende Ausnahme bildete da Azim Premji, der Präsident des indischen IT-Konzerns Wipro. Er beantwortete die Frage, ob die Entwicklungsländer nicht genug hätten vom belehrenden Westen, der selbst mit riesigen Problemen zu kämpfen habe, mit einer Geschichte:

Ford wollte gemäss Premji einen Mittelklassewagen in Indien einführen, der die aufstrebende Mittelschicht ansprechen sollte. Um den Preis marktgerecht zu gestalten, musste Ford dazu gewisse in den USA serienmässig vorhandene Funktionen entfernen. Unter anderem bauten sie dazu die elektrischen Fensterheber für die hinteren Seitenfenster aus – und machten dadurch das Auto zu einem Flop. Denn wer in Indien zur Mittelschicht gehört, stellt einen Fahrer an und setzt sich selbst auf den Rücksitz. Die elektrischen Fensterheber hätten daher hinten belassen und vorne entfernt werden müssen…

Premji bediente sich damit des Storytelling, um die kulturelle Ignoranz und geschäftliche Arroganz des Westens zu illustrieren. Das gefällt!

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